Als ich geboren
wurde, war ich noch sehr jung. Meine Eltern waren gerade
nicht zu Hause. Sie waren auf dem
Feld Kartoffeln holen. Es war zwar nicht unser Feld, aber
wir holten dort immer unsere Kartoffeln. Mein Vater ist
ein Alteingesessener, zur Zeit sitzt er gerade auch
wieder wegen seines Glaubens. Er hat geglaubt seine Miete
nicht bezahlen zu müssen. Ich war nicht alle Kinder die
wir hatten. Wir waren zu Hause zwanzig Geschwister und
zwar zehn Jungen, neun Mädchen und ein Blindgänger. Wir
schliefen alle in einem Zimmer - mit Gasmaske. Das
Handtuch stand gleich hinter der Tür. Da wir nur ein
Bett hatten, war es mit dem Schlafen sehr schwierig. Das
erste Kind wurde ins Bett gelegt und, wenn es
eingeschlafen war, wieder herausgenommen und an die Wand
gestellt. Dann kam das nächste an die Reihe. Nur mit dem
Wecken war es schwierig. Ich bin einmal 14 Tage
stehensgeblieben, was niemand auffiel. Wir waren eine
sehr musikalische Familie. Meine Mutter nähte auf einer
Singer-Maschine, mein Vater war Pianoträger bei Musik-Meier
Einer meiner Brüder war Sänger, er sank immer tiefer.
Jetzt brummt er schon zwei Jahre. Ein anderer Bruder bläst
auf dem letzten Loch. Am musikalischsten war meine kleine
Schwester die ging schon bei der Geburt flöten. Wir
waren eine sehr intelligente Familie. Mein Bruder ist auf
der Universität in Heidelberg. Er steht dort in
Spiritus, weil er zwei Köpfe hat. Ein Bruder ist
Verwandlungskünstler. Der geht mit einem alten Mantel
ins Cafe und kommt mit einem neuen wieder heraus. Ein
anderer wiederum ist Klempner. Was er am Tag klemmt, wird
am Abend wieder verlötet. Ein anderer ist im Stadtbad tätig.
Er steht dort als Brause, weil er einen Wasserkopf hat.
Wir hießen alle Emil, bis auf Fritz, der heißt Hans.
Meine Schwestern waren alle furchtbar dünn. Die eine
musste immer zweimal ins Zimmer kommen, damit man sie sah.
Eine hat jetzt Zwillinge bekommen. Sie sehen sich sehr ähnlich,
besonders der andere. Als ich sechs Jahre alt war, kam
ich zur Schule. Ich war immer der Liebling meiner Lehrer.
Verschiedene Klassen durfte ich sogar zweimal besuchen, während
die anderen in eine neue mussten. Einmal wurde ich in der
Biologiestunde gefragt: "Welchen Beruf hatte Goethes
Faust?" Ich sagte "Damenschneider." Warum,
fragte er weiter. Ja, sprach ich: "Als er in
Gretchens Zimmer ging, rief er: Hier möchte ich säumen!"
Ein andermal in der Zeichenstunde: "Wenn ihr beim
Metzger 30 DM, beim Bäcker 10 DM und beim Kaufmann 15 DM
Schulden habt, wie- viel habt ihr dann zusammen?"
"Das weiß ich nicht, dann ziehen wir meistens um."
Brachten wir schlechte Zeugnisse nach Hause, bekamen wir
mit dem Aus- klopfer - brachten wir gute Zeugnisse mit,
gab es einen Groschen für die Sparbüchse. War die voll,
wurde ein neuer Ausklopfer gekauft. Dann kam einmal der
Oberschulrat zur Visite. Da ich am intelligentesten
aussah, fragte er mich, ob ich ein Sprichwort wüsste.
Ich sagte ihm: "Ein Narr kann mehr fragen, als zehn
Weise antworten können." Er lief gleich rot an und
schmierte mir eine. Bestand aber darauf, dass ich noch
ein Sprichwort sagen sollte. "Gewalt geht vor Recht"
sagte ich dann. Da kam gerade der Schulleiter herein und
wollte auch ein Sprichwort von mir hören. Ich sagte:
"Ein Unglück kommt selten allein." Da warfen
sie mich zur Schule hinaus. Anschließend kam ich zu
einem Schmied in die Lehre. Er gab mir einen Hammer und
sagte: Wenn ich nicke, schlage zu. Er nickte nur einmal.
Dann wurde ich Vertreter. Mein Chef war sehr neugierig
und fragte mich auch nach meinem früheren Beruf. Ich
sagte nur: "Ich habe den Ölsardinen die Augen
zugedrückt, bevor sie in die Büchse kamen. Ihm viel
auf, dass ich eine sehr langsame Aussprache habe und er
fragte mich, ob ich überhaupt etwas schnell machen könne.
"Ja", sagte ich, "ich werde schnell müde."
Er stellte mich dann doch ein. Ich hatte die Städte
Hamburg, Bonn, Köln, Dresden, Leipzig und Berlin zu
besuchen, und das alles in 8 Tagen. Als ich zum Bahnhof
kam, traf ich meinen alten Freund Karl. "Mensch
Emil, wollen wir nicht zusammen fahren?" "Nee,
Karl," erwiderte ich, "ich bin schon
zusammengefahren, als ich dich sah." "Übrigens
Emil, du hast deinen Hut verkehrt herum auf!" "Wieso
das," fragte ich, "Du kannst doch nicht wissen
in welche Richtung ich gehe." Die Bundesbahn ist
doch eine herrliche Einrichtung, dachte ich. Grund zu
diesem Lob gab mir der Herr gegenüber. Er fuhr von Bonn
nach Hamburg und ich von Hamburg nach Bonn. Nur mit dem
Unterschied, ich saß so herum und er saß so herum.
Unterwegs zählte er Schafe. Einmal kam ich ihm zuvor und
sagte: "62 Stück." "Wie konnten Sie denn
das so schnell herausbekommen?" "Ja,"
sagte ich, "ich habe die Beine gezählt und dann
durch vier geteilt." Als ich von meiner Reise zurück
kam, kam mir der Chef mit offenen Armen ent- gegen.
"Wunderbar," sagte er, "sie sind der
erste, der das in so kurzer Zeit geschafft hat. Wo sind
die Abschlüsse?" "Was für Abschlüsse,"
fragte ich. "Ich bin froh, dass ich die Anschlüsse
erreicht habe." Dann kam ich zu einem Fotografen in
die Lehre. Aber ich konnte mich nicht richtig entwickeln.
Einmal kam eine Frau mit vier Kindern und bat mich, ich
sollte ihre Familie vergrößern. Ich sagte ihr, sie
solle zu dem gehen, der es angefangen hat. Dann kam ich
zu einem Metzger in die Lehre. Aber als ich sah, was der
in die Wurst reintat, hab ich ihm gesagt: "Sie, wenn
das rauskommt, was da reinkommt, dann kommen sie
nimmermehr raus." Ich kam dann zum Theater. Ich habe
im "Wildschütz" die wilde Sau gespielt. In
einem anderen Theaterstück hatte ich auf die Bühne zu
kommen und zu sagen: "Sie kommen noch nicht."
Als ich in der Ritterrüstung auf der Bühne stand,
entdeckte ich vor mir einen kleinen Kasten, aus dem eine
Frau herausguckte und mir zuflüsterte: "Sie kommen
noch nicht." Da habe ich nur gesagt: "Na, dann
eben nicht!" und bin wieder gegangen. Das Publikum
schrie und tobte und stürmte die Kassen nach der
Vorstellung. Man warf auch mit Blumen nach mir, aber da
hingen noch die Töpfe dran. Der Direktor sagte, ich sei
unbezahlbar und ein vollwertiger Ersatz für Gustav Gründgens:
Ich hätte an seiner Stelle sterben sollen. Ich habe dann
auch kein Geld bekommen. Dafür gab er mir die Hand -
mitten ins Gesicht. Wenn man nichts kann und nichts weiß,
bleibt einem nur noch ein Ausweg: man wird Polizist. Mein
Wachhabender zeigte mir mein Revier und sagte: "Bis
zu diesem roten Punkt dahinten müssen sie gehen!"
Ich zog dann los, nach 15 Tagen war ich zurück. Es war
das Schlusslicht eines Fernlasters, der nach Hamburg fuhr.
Da schickte man mich ins Irrenhaus. Nun bin ich bei Ihnen
gelandet.
Mit verwirrten Grüßen
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